Aufbruch

Grün zwischen Grau. Leben in der Lücke. Der Moment, in dem etwas durchbricht, was niemand erwartet hat.

Niemand hat hier mit Leben gerechnet.

Der Beton wurde gegossen, der Asphalt gewalzt, alles versiegelt. Dicht. Hart. Endgültig. Ein Weg für Schritte und Räder, für Funktionen und Fortbewegung. Kein Platz für Wurzeln. Kein Raum für Wachstum.

Aber das Moos hat die Pläne nicht gelesen.

Es findet die Ritze. Diesen hauchdünnen Spalt zwischen zwei Welten aus Stein. Es drängt sich hindurch, Millimeter um Millimeter, zäh und beharrlich. Kein Drama, keine Revolution – nur stilles, beständiges Wachsen.

Und dann: Grün.

Leuchtend. Lebendig. Unübersehbar gegen das Grau.

Das ist Aufbruch. Nicht das große Ereignis, nicht der Knall, der alles verändert. Sondern das Kleine, das sich nicht abhalten lässt. Das sagt: Hier bin ich. Auch wenn du mir keinen Platz gegeben hast – ich nehme ihn mir.

Alle gehen daran vorbei. Tausende Schritte täglich, auf dem Weg zur Arbeit, nach Hause, irgendwohin. Die Augen geradeaus, die Gedanken woanders. Niemand sieht nach unten. Niemand bemerkt, was hier geschieht.

Aber es geschieht trotzdem.

Das Moos wächst nicht für Applaus. Es wächst nicht, um gesehen zu werden. Es wächst, weil es kann. Weil Leben einen Weg findet. Immer.

Und vielleicht ist das die wichtigste Lektion: Manchmal braucht es keine großen Flächen, keine idealen Bedingungen, keine Erlaubnis. Manchmal reicht eine Ritze. Ein Spalt. Ein Moment der Schwäche im System.

Manchmal beginnt Aufbruch genau dort, wo niemand damit rechnet.

Zwischen Beton und Asphalt. Zwischen Kategorien und Erwartungen. Zwischen „so ist es“ und „so könnte es sein“.

Grün zwischen Grau.

Leben in der Lücke.

Aufbruch.